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April 2000 - Rumänien lässt grüßen

Ein halbes Jahr ist seit unserem letzten Hilfstransport nach Rumänien vergangen und die Wege schienen für ein neues Vorhaben wieder geebnet. Als Termin wurde die Osterzeit gewählt und so waren wir in der Zeit vom 20. bis 30. April wieder „auf Tour“.

Diese Fahrt liegt nun hinter uns und es ist Zeit, Eindrücke zusammenzufassen und den Versuch zu starten, diese wiederzugeben. Dass dieser Versuch der Berichterstattung nur Stückwerk ist, weiß jeder, der einmal mit offenen Augen einen solchen Transport begleitet hat. Trotzdem wollen wir es versuchen, denn der Kreis derer, die uns auch in diesem Frühjahr geholfen und unterstützt haben, ist sehr groß. Ohne diese Hilfe wäre alles kaum möglich und so soll mit diesem Bericht ein herzlicher Dank verbunden sein an alle, die uns in Gedanken und Gebet begleitet haben.

Nach allen organisatorischen Vorbereitungen und dem Eintreffen der erforderlichen Reise- und Zolldokumente, nach endlosem Sortieren, Reparieren und Verpacken starten wir am frühen Morgen des Gründonnerstages. Wir, das waren zwei Jugendliche und vier Erwachsene mit einem bis an die Grenze des Möglichen beladenen Kleintransporter und einem PKW.

Bei herrlichem Sonnenschein passieren wir Wien, umfahren Budapest und sind am späten Abend an der ungarisch-rumänischen Grenze angelangt. An diesem Grenzübergang ist gewöhnlich die Geduld immer bis zum Platzen gefordert. Nach nur einer Stunde auf rumänischer Seite angekommen, erleben wir Unglaubliches. Alle Beamten schicken uns aus Überlastung weiter, weil zum Beispiel Tiertransporte und andere Dinge Vorrang beanspruchen. Bei zwei sich eifrig unterhaltenden jungen Damen in einem wohnzimmerähnlichen Büro angekommen, wissen diese mit unseren Papieren gar nichts anzufangen und holen so aus der Menge der wartenden Trucker einen jungen Mann zu Hilfe. Er weiß endlich sofort Bescheid und lässt in Windeseile alle für uns erforderlichen Papiere erstellen. Im endlosen Kabelsalat der Computertechnik versucht ein Techniker im Entengang unter dem Tisch einen Defekt des Druckers zu beheben, denn dieser zeigt eine im üblichen Sinne rumänische Zollmentalität der ausgesprochenen Ruhestellung (er steht direkt auf seinem Vorgänger). Plötzlich schiebt sich unser ersehntes Papier heraus und der junge Mann läuft im Eilschritt zum Chef zur Einholung von Stempel und Unterschrift. Wenige Minuten später nimmt er uns mit zur nächsten Stempelstelle. Beim Gang über den Zollhof, der uns schon auf früheren Transporten bis zu sechs Stunden gefangen hielt, legt er den Arm um unsere Schultern und erklärt uns in gebrochenem Deutsch, wie wichtig unsere Arbeit doch sei. Damit hatten wir nicht gerechnet. Nach einer guten halben Stunde war erledigt, was sonst mindestens zwei bis drei Stunden dauert. Wir können es nicht glauben und verabschieden uns von ihm sehr herzlich, es ist bereits dunkel geworden. Dieser Zollbeamte ist sicher mit einem wohltuenden Gefühl seinem weiteren Dienst nachgegangen. Nach der Ankunft im Pfarrhaus in Temeswar bleiben uns nach der herzlichen Begrüßung noch einige Stunden des Schlafs.

Am nächsten Morgen wartet schon um acht Uhr der Binnenzoll auf uns. Die Bekanntschaft der Beamten aus der Vergangenheit hilft zumindest zeitlich. Die erforderlichen „Honorare“ sind bekannt und so verläuft auch dieser Akt schnell genug, um pünktlich beim gemeinsamen Frühstück zu erscheinen.

Beim Karfreitagsgottesdienst treffen wir viele Bekannte der Kirchgemeinde. Die fast gefüllte Kirche an einem gewöhnlichen Arbeitstag in diesem Land zeigt uns erste Anzeichen der Sehnsüchte dieser Menschen auf. Offiziell ist das Osterfest im orthodox geprägten Rumänien erst eine Woche später. Mancher begeht dieses Fest auch zweimal, da es in den anderen Kirchen (evangelisch, katholisch und reformiert) an dem in Deutschland bekannten Termin gefeiert wird. Am Nachmittag laden wir nun endlich die Autos aus und um. Die Reifen atmen spürbar auf. Lebensmittel, Milchpulver, Schreib- und Bastelmaterialien, Tafeln für den Katechetikunterricht, Kinderwagen, Medikamente, Hygieneartikel für die Altenbetreuung, Wasch- und Reinigungsmittel, Kleidung, Schuhe, Spielzeug, Bücher, Kalender und vieles mehr sind im Gepäck. Besonders erfreulich ist es für uns, ein EKG-Gerät mit allem Zubehör übergeben zu können. Ausgerüstet mit diesem und weiteren Medikamenten und Verbandsmaterialien wird bald ein Arzt kostenlose Untersuchungen und Behandlungen der Gemeindeglieder vornehmen können.

Unsere Gastgeber bewirten uns wieder mit typisch rumänischer Gastfreundschaft, allerdings auch bewusst auf Karfreitag abgestimmt. Für einige unserer Gruppe ist es die erste Reise in dieses Land und in ersten Gesprächen kommt man sich sehr schnell und freundschaftlich nahe. Die Osterfeiertage sind geprägt von den Gottesdiensten, in denen wir immer wieder herzlich begrüßt werden und in denen Gelegenheit ist, Grüße aus unseren Gemeinden zu übermitteln. Während einer Zusammenkunft mit dem Presbyterium, dem Vorstand der Kirchgemeinde, starten wir ein Projekt, welches buchstäblich in letzter Minute beim Diakonischen Werk Thüringen eingereicht und auch sehr unkompliziert bewilligt wurde. Inhalt dieses Projektes im Rahmen der Aktion „Hoffnung für Osteuropa“ ist die Einrichtung einer Stelle für die häusliche Kranken- und Altenbetreuung in der Kirchgemeinde. Dafür reichte das Diakonische Werk das Jahresgehalt dieser Personalstelle in Höhe von 1500,00 DM aus und wir geben es bei dieser Gelegenheit weiter. Da das Durchschnittsalter der Gemeinde so wie in vielen deutschen Gemeinden des Landes relativ hoch ist, kann nun mit diesem Projekt eine neue wichtige Arbeit aufgenommen werden. Besuche bei uns schon lieb gewordenen Bekannten und bei anderen alten Menschen zeigen deutlich, wie wichtig diese Arbeit der Kirchgemeinde ist. Das Paradebeispiel ist der Besuch bei der 91-jährigen Frau Bilescu, die den Arm des Pastors kaum los lässt und immer wieder beteuert, wie wichtig dieser einzige Kontakt zur „Außenwelt“ für sie ist. Während sie mühsam die drei Backsteinstufen zur Küche hinuntergeht, um aus einem wohl gleichaltrigen kleinen Topf noch den Rest Suppe zu essen, macht sie ihrem Herzen Luft mit der Frage, wie denn wohl das Leben noch weiter gehen soll in diesem Land. Die Nebenkosten für ihr kleines eigenes Haus verschlingen über drei Viertel der schmalen Rente und die Steigerung der Lebensmittelpreise nimmt kein Ende. Eine Antwort auf ihre Frage sind wir ihr bis heute schuldig geblieben. Umso größer ist die Freude über das mitgebrachte Paket mit Mehl, Nudeln, Reis und anderen Kleinigkeiten, die angesichts der Situation noch weitaus kleiner erscheinen. Diese Fragen, aber auch die Freudentränen, hören und erleben wir bei vielen anderen Besuchen genauso. Sie berühren uns tief und fordern uns gleichzeitig, wenn wir unsere Augen nicht verschließen. In der Dankbarkeit der Besuchten erfahren wir ein wenig den Sinn unserer Aktionen. Die Gedanken an die Mühen der vergangenen Wochen und Monate verflüchtigen sich schnell angesichts einer solchen Begegnung.

Am Dienstag bringen uns die Autos an den Rand der einstigen Industriestadt Hunedoara. Trotz Sonnenscheins liegt diese Stadt eingehüllt in einer einzigen Wolke grau-braunen Qualms. Er dringt nicht nur aus den Schornsteinen, sondern auch aus den längst kaputten Fenstern des kilometerlangen, maroden Eisenwerkes und sucht den Weg ins Freie. Im Gepäck haben wir neben zwei Schultafeln für die kleine Schule, Möbeln für den Kindergarten, Lebensmitteln und Süßigkeiten, Schul- und Spielzeug noch eine Geldspende für diese Schule. Mit großer Freude sind diese Dinge aus den drei Neudietendorfer Schulen und dem Ingerslebener Kindergarten zusammengetragen worden und treffen nun am Bestimmungsort ein.

Die Schüler und Lehrer des Gymnasiums haben mit viel Engagement dazu noch ca. 1700,00 DM gesammelt. Davon wurde für jedes Kind eine „Tüte“ vorbereitet, deren Inhalt die Kinder deutlich an Ostern erinnert. Ein großer Teil des Geldes kommt der Schule zugute. Um diesbezüglich sicher zu sein, dass alles korrekt zugeht, gründet sich am ersten Abend in aller Eile eine „Elternvertretung“ im Wohnzimmer unserer Gastgeber, die entscheidet, was mit dem Geld passiert, die Ausführung der Arbeiten organisiert und die Ausgaben gemeinsam mit unseren Bekannten, Adriana Budai und Alexandru Filip, verwaltet. Als dringendstes Problem nennen die Eltern die Schaffung einer Waschgelegenheit in der Schule und die Vorbereitung zum Einbau von Toiletten. Da wir die Örtlichkeiten gut kennen, geben wir unser Einverständnis schnell. Am nächsten Morgen sind trotz der Ferien alle Kinder des Ortes in der Schule versammelt. Viele Gesichter kommen uns wieder in Erinnerung und wir sind längst keine Fremden mehr. Mütter, Großmütter und Väter kommen, teilweise mit Babys. Zwar reichen die vorbereiteten Beutel nur für die Kindergarten- und Schulkinder, aber auch auf diesen Fall sind wir vorbereitet, so dass niemand leer ausgeht. Auf Instrumenten vom letzten Besuch spielen uns einige Kinder kleine Stücke vor. Wir überbringen die Grüße aus unseren Dörfern und erleben wieder einen Ort in Feststimmung. Wohl jedes der Kinder hat sehnlich auf diesen Tag gewartet und wir fühlen eine Dankbarkeit über Kleinigkeiten, nach der wir uns in unserem Land schon lange umsehen müssen. Im anschließenden Gespräch mit den Lehrerinnen und der Kindergärtnerin erfahren wir davon, dass von dem Geld des letzten Besuches neben dem Kauf von Feuerholz für den Winter zusätzlich noch der Klassenraum neue Farbe erhielt. Eine peinlich genaue Darlegung der Ausgaben überzeugt uns, dass mit den neuen Ausgaben auch korrekt verfahren wird, was keine Selbstverständlichkeit ist. Die Eltern und Erzieher nehmen die Spendengelder mit viel Freude entgegen und wir sind uns sicher, damit bei der Behebung elementarer Mängel wenigstens ein Stück geholfen zu haben. An den Gedanken, dass im Zeitalter von Raumfahrt, Internet und Hochtechnologie Toiletten und Händewaschen in einer Schule zum Luxus gehören, können wir uns nicht so schnell gewöhnen.

Bei unseren Gastgebern und Freunden erleben wir abermals die Freude über viele Kleinigkeiten. Tröstlich ist es bei ihnen zu sehen, wie sich über einen Zeitraum der Hilfestellung manches ein wenig zu stabilisieren scheint, auch wenn in der Vorbereitung auf unseren Besuch die drei Flaschen Fanta, das Brot und die Margarine auf Kredit gekauft werden mussten. Wie sehr unser Besuch erwartet wurde, zeigt sich auch darin, dass die armselige, alte Hütte noch drei Tage vor unserem Erscheinen von den Kindern der Familie ihren ersten Kalkanstrich bekam. Nur mit Mühe lassen sich angesichts der Kenntnis der Situationen die Tränen der Rührung und Scham unsererseits verbergen. Der Stolz und die Freude der Kinder über diese Arbeit helfen uns dabei. Nicht weiter eingegangen werden soll auf die Stimmung beim Abschied am Donnerstag. Während der Fahrt zurück nach Temeswar sprechen wir nicht viel. Hilflosigkeit und Fragen nach dem „wie weiter“ tarieren sich mit der Freude in den Augen der Kinder und Freunde ein wenig aus. Für uns bleibt die Hoffnung, weiter helfen zu dürfen und zu können.

In Temeswar warten weitere Besuche auf uns. Für die „Neuen“ auf dieser Reise gibt es eine Stadtführung mit Museumsbesuch und endlich kommt man auch dazu, sich ein wenig mit allen zu unterhalten und auszutauschen.

Angeregt von den Eindrücken der Worte des Metropoliten der Orthodoxen Kirche im Oktober 1999 fragen wir dort nach der Möglichkeit eines Besuches an. Normalerweise sind solche Anmeldungen zwei Monate vorher zu tätigen. Unkompliziert bekommen wir diesen Termin am nächsten Tag und so wird der Besuch in seiner Wohnung zu einem weiteren, tiefgehendem Erlebnis. Wir erfahren von seinen Bemühungen um einen Konsens der Kirchen im Land und von den Angriffen aus den eigenen Reihen auf seine Person aufgrund seiner freien Haltung. Seine natürliche Freundlichkeit, die Offenheit und Weisheit sind, trotz körperlicher Schwäche, unübersehbare Merkmale des Geistlichen. Die Tatsache, dass er uns selbst mit aller Mühe durch den Garten zum Tor begleitet, ist weit mehr als eine freundliche Geste.

Am Samstagmorgen soll es nun wieder Richtung Heimat gehen. Herzliche Dankesgrüße werden uns mit auf den Weg gegeben. Wiegen sie weniger als die Ladung der Hinfahrt? Wir wollen sie an dieser Stelle einfach weiterreichen, im Wissen darum, dass jede Hilfe nötig und wichtig war und auch weiterhin sein wird.

Ermöglicht hat uns diese Fahrt besonders, und das sei an dieser Stelle betont, der JES-Jugendförderkreis Erfurt durch die kostenfreie Stellung des Transporters - vielen Dank! Danke aber auch jedem anderen, ob Kind, Erwachsenem, privat oder als Firma, für jede Spende und alles Mittragen. Sicher ist, dass wir mit Ihnen allen gemeinsam Boten von Freude, Freundlichkeit und Nächstenliebe sein durften. So kehren wir als Beschenkte wieder gesund nach Hause zurück.

 

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